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Sehr gerne höre ich die Interviews von Tilo Jung  "Jung und Naiv". Doch über dieses hier war ich nach anfänglicher Sympathie entsetzt, als es nach 2 Stunden um Das Buch von Philipp Blom "„Der Unterwerfungswahn. Der Anfang des Endes der Herrschaft des Menschen über die Natur, der Unterwerfung der Natur“,Verlag: Hanser, München 2022, und die biblische Schöpfungsgeschichte ging. Ich habe das Interview abgeschrieben, mit Richtgstellungen und Kommentaren versehen und, nachdem ich auf meine Mails keine Antwort erhielt, per Post an Tilo Jung, Philipp Blom und seinen Verlag geschickt. Da ich von keiner Seite eine Antwort erhielt, dieses Interview aber schon mehr als 1,1 Millonen mal aufgerufen wurde, veröffentliche ich jetzt im Februar 2025 meinen Brief an Philipp Blom vom 4.01.2024:

"Sehr geehrter Herr Blom,

da ich auf meine Mails vom 14.12.2023 weder von Ihnen noch Tilo Jung, dem Hanser-Verlag bzw. der Spiegel-Bestseller-Liste bisher eine Antwort bekommen habe, schicke ich ihnen allen den Wortlaut Ihres Interviews mit meinen Kommentaren und Richtigstellungen ausgedruckt.

Es erschreckt mich zutiefst, dass jemand, der sich wie Sie Historiker, Judaist und Philosoph nennt, solche Falschaussagen über das Alte Testament und damit das Judentum und die angebliche Wirkung der biblischen Schöpfungsgeschichte verbreitet.

Da die biblischen Texte für jedermann zugänglich sind und so jederzeit ... Aussagen .... überprüft werden können, frage ich mich, was in unserer gebildeten Welt los ist, dass ein solcher Mann wie Sie so viele Ehrungen erhalten und in so vielen Gremien als „Fachmann“ beraten kann."

Als Anlage schickte ich ihm den Wortlaut des Interviews mit meinen Anmerkungen in den Tabellern - wie hier herunter zu laden und  zu lesen:


 

Jung und Naiv“ vom 31. Oktober 2023

670. Folge mit dem „Philosophen & Historiker Philipp Blom“ als Gast

(2h, 6 min:) Tilo: Reden wir gleich noch mal über Religion und dein faszinierendes Buch „Der Unterwerfungswahn. Der Anfang des Endes der Herrschaft des Menschen über die Natur, der Unterwerfung der Natur“.. Ich glaube: Heutzutage ist der Glaube an Gott und die Rolle der Religion nicht mehr so dominierend im Land, nur für wenige Menschen, aber der Glaube an den freien Markt, vielleicht sogar an die unsichtbare Hand..., die ist ja prävalent. Ist der Neoliberalismus,... nicht auch eine religiöse Figur, eine Theologie?

Er: Ich glaube ganz stark, ja! Da musst du mir aber erlauben, einen Moment auszuholen. Da muss ich dreihundert Jahre zurückspringen, mindestens. Also dieses Buch beschäftigt sich mit dieser seltsamen Idee, dass die Menschen die Natur beherrschen können, dass ein Organismus auf einmal das Ganze übernehmen kann. Eh – und das führt jetzt zu weit, aber (2h, 7min:) in der Bibel, das Erste, was Gott zu seinen Lieblingsgeschöpfen Adam und Eva sagt, die auch einen eigenen Schöpfungstag haben, also nicht so sind wie die anderen Tiere: „'Seid fruchtbar und mehret euch und macht euch die Erde untertan.'

 

Der 6. Tag
in der
Schöpfungs-
Geschichte der Priesterschrift
(1. Mose 1-2,4a)

1. Mose 1,24-31: Und Gott sprach: Die Erde bringe hervor lebendiges Getier, ein jedes nach seiner Art: Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Und es geschah so. Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art, und das Vieh nach seiner Art und alles Gewürm des Erdbodens nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

Und Gott sprach: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.“

Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“
Und Gott sprach: „Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und allem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag.

2h, 8 min: Und dieser Satz bzw. diese Mentalität ist sehr wichtig geworden und dann kommen wir zu einer großen Zäsur, der Aufklärung und mit der habe ich mich viel beschäftigt und viel geschrieben. Und die Aufklärung verstand sich selbst als Bruch mit dieser religiösen Weltsicht, die verstand sich als etwas, die ein radikal neues Blatt aufschlug in der Menschheitsgeschichte, weg vom Aberglauben, weg von Ignoranz und hin zu Freiheit und Rationalität, den ganzen alten Krempel rauswerfen.

2h, 9 min: Für Aufklärer - … Theologie war ihr erster Referenzrahmen... ganz viele Ideen, die wir heute als aufgeklärt wahrnehmen, sind eigentlich umetikettierte theologische Ideen, z.B.: nach der Bibel ist der Mensch außerhalb und über der Natur – in der Aufklärung auch sehr stark.

In der 2. bibl. Schöpfungs-

Geschichte, der jahwistischen,
1. Mose 2,4bff,

ist die Naturverbundenheit betont:

Adam kommt von Adamah = der Erdboden, seine Frau wird ḥawwāh „Mutter aller Lebendigen“ genannt, oder einfach „Leben“ griechisch Zoä. Erst viel später später bekam sie den Namen Eva, doch wird er in deutschen Bibelübersetzungen zum Teil hier genannt

1. Mose. 3,20: „Der Mensch gab seiner Frau den Namen Eva, Leben, denn sie wurde die Mutter aller Lebendigen.“ - so die Einheitsübersetzung von 2016

Vorher im Vers 19 heißt es, dass Gott zu Adam u.a. sagt: „Im Schweiß deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, denn von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück.“

Nach der Bibel geht es um Naturbeherrschung, in der Aufklärung geht es um wissenschaftliche Naturbeherrschung.
Im Christentum muss der Mensch von sich selbst erlöst werden,

 

Nicht von sich selbst, sondern von seiner Schuld!

der aufgeklärte Mensch will das auch sehr gerne.

Das Christentum kennt die christliche Heilsgeschichte,

 

Das ist das Vertrauen darauf, dass durch Jesu Tod am Kreuz unsere menschliche Schuld bezahlt ist, da er unsere zu recht verdiente Strafe auf sich genommen und uns davon erlöst hat.

Wie auch heute noch die Begriffe „Strafe“ und „Schuld“ sowohl für moralische bzw. kriminelle wie für Geld benutzt werden, so auch damals schon zurzeit Jesu.

wir kennen den Fortschritt, d.h. die Geschichte hat ein Ziel und es geht immer weiter nach oben, vielleicht gibt es ab und zu mal ein Tal und wir fallen mal hin, aber die Reise geht nach oben, geht auf das große Ziel zu.

2h, 10 min: Dazu gehört auch die christliche Seele

 

Das Menschenbild und ob und welche Bestandteile desselben genannt und eine Bedeutung für die jeweilige Zeit haben, hat sich in den 20 Jahrhunderten der Existenz des Christentums immer wieder gewandelt. Ich selbst habe das anhand der Predigten der Berliner Hofprediger für die Zeit von 1540 bis 1848/49 untersucht.

Im Apostolischen Glaubensbekenntnis haben wir z.B. noch in meiner Kindheit von der Auferstehung des „Fleisches“ gesprochen, so wie es im lateinischen Text heißt: „Canaris resurrectionem“, also erst in neuerer Zeit wurde daraus bei uns in Deutschland die „Auferstehung der Toten“ - ein Zeichen für ein verändertes Menschenbild! „Fleisch“ / der Mensch leiblich gedacht war anstößig geworden.

und die aufgeklärte Vernunft, denn die christliche Seele ist der edle, immaterielle Teil von dir, um dessen willen du deine Lust, deine Instinkte und Körperlichkeit unterdrücken und bekämpfen musst, damit die Seele befreit wird,

 

Das hängt ganz von der Zeit und deren Menschenbild ab bzw. gilt nur für besondere Frömmigkeitsarten. In der frühen Christenheit hat es sehr starke Auseinandersetzungen mit der Weltanschauung der Gnosis gegeben, die den Menschen völlig vergeistigt verstand und ihm helfen wollte, durch die richtige Erkenntnis zur Erlösung zu kommen. Diese Lehre/Religion ist aber abgewiesen worden und findet sich in Schriften, die als falsch, nicht ins Neue Testament aufgenommen wurde. Prof. Hans-Martin Schenke war ein Spezialist dieses Themas und entsprechend viel haben wir im Studium darüber gehört.

so ungefähr funktioniert die aufgeklärte Vernunft auch. Das heißt, da ist noch ganz viel Theologie, die aber nicht wie Theologie aussieht, das heißt jetzt Fortschritt und Wissenschaft und hat scheinbar nichts mehr mit Religion zu tun. …

 

„Fortschritt“ ist keine biblische und keine christliche Idee, sondern wurde insbesondere seit der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts von manchen auch im Blick auf die Ausbreitung des Christentums und damit des erhofften Reiches Gottes erwartet und sehr tatkräftig versucht zu erreichen.

Doch immer gab es mehr oder weniger zahlreich Christen, für die die apokalyptischen Texte und die Endzeitreden Jesu ausgesprochen haben, wie sie die Gegenwart wahrnahmen, nämlich als das genaue Gegenteil von Fortschritt: als Chaos, Krieg, furchtbare Armut, Untergang...

2h, 11 min:Wie gesagt: Nach der Bibel sind wir außerhalb und über der Natur. Wenn du heute einen Betrieb gründen willst, nach neoliberaler Wirtschaftslehre, aber eigentlich nach neoklassischer Wirtschaftslehre, dann brauchst du Rohmaterialien... Dass du auch Biodiversität, sauberes Wasser und Luft brauchst, das sind Externalitäten... D.h. wirtschaftliches Handeln besteht außerhalb davon. Die Natur ist einfach da... Aber auch das Menschenbild des Neoliberalismus, dass Menschen rationale, freie, perfekt informierte Individuen sind, die Entscheidungen treffen, um ihren Vorteil zu optimieren. Wenn Du mal so jemanden triffst, lauf weg, das ist ein Psychopath.

Tilo: Haben schon einige hier gesessen dann.

Er: Aber Menschen funktionieren nicht so, Menschen sind sozial eingebettet.. , sind nicht rational, sondern höchst manipulierbar,...

2h 12 min:

Der Nachteil an diesem Modell, dass es nichts damit zu tun hat, wie Menschen funktionieren... Die Menschen als rationales Wesen, das frei ist in seinen Entscheidungen - neu konstruiert. Aber: Das hat nichts mit dem menschlichen Leben zu tun, wie wir es nun mal erleben, also ich glaube: Theologie ist sehr stark in dieser neoliberalen Wirtschaft, auch mit der Tatsache, dass – weißt du - – diesen freien Markt kann man ja auch so sehen ein bisschen wie die Religion von Bulle und Bär, so zwei schöne Totemtiere. Der Bulle ist , wenn der Aktienmarkt hoch geht und der Bär, wenn es gerade ein schlechter Aktienmarkt ist. Aber die Religion von Bulle und Bär, das heißt, wenn die Märkte deprimiert sind, dann fallen Demokratien über sich selbst, damit die Märkte wieder fröhlich sind.

2h13 min: Und es scheint so, als wären die wirklich völlig von uns losgelöst in einer Art im Himmel und würden da bestehen und wenn die Götter böse sind, dann müssen wir Opfer bringen.

 

Der Opferkult, das Schlachten von Tieren, die Räucheropfer u.ä. sind ja gerade durch Jesus und das Verständnis seines Todes als letztes Opfer im Christentum beseitigt worden.

So trifft dieser Vergleich nur für Religionen zu, die noch dergleichen Opfer kennen.

Wir denken immer noch sehr, sehr theologisch, weil das einfach auch Denkstrukturen sind, die wir seit tausenden Jahren kennen

Tilo: Das Kuriose ist, dass die herrschende Politik ihre meisten ökonomischen Entscheidungen damit begründet, dass man Märkte beruhigten will, ein Signal an die Märkte senden will...

Er. Oder Fiatgeld. Dann druckt man einfach mehr Geld, damit die Märkte beruhigt sind.

Tilo: Und früher hat der König einfach gesagt: Wir müssen hier dem Gott ein (Opfer bringen)

2h14min: .Er: ..Ja, das hat ein ganz starken religiösen Aspekt, wie wir damit umgehen. Ich glaube das tut auch – Du hast vorhin gesagt: 'Glaube und Religion sind nicht mehr so wichtig für uns, das ist richtig, aber:

Tilo: die klassische, monotheistische

Er: Richtig, aber das vergisst eins: Unser Bedürfnis nach dem Glaubenkönnen ist noch immer da. Wir wollen an etwas glauben, was uns die Verantwortung abnimmt, was uns Orientierung gibt, was uns zeigt, wo wir stehen und wer wir sind. Und wenn Religion das nicht mehr leisten kann, eine organisierte Religion, dann suchen sich viele Menschen etwas anderes und ich glaube, wir tun das alle und damit kommen wir wieder zurück, wie lästig es ist, dauernd die eigene Meinung immer wieder zu hinterfragen und dann findet man unglaublich peinliche Sachen, auf die man noch nicht gesehen hat und merkt: He, da habe ich auch nichts hinterfragt. Da muss ich noch mal ran. Ja, das ist eine Lebensaufgabe. Ja, aber wir leben instinktiv immer noch in sehr religiösen Strukturen, das ist schön für Menschen, die religiös sind, aber es ist sinnlos für Menschen, die eigentlich eine säkulare Menschen Entscheidung und Unterhaltung miteinander haben wollen, wenn sie dann mit Ideen wie Fortschritt

2h 15min: oder Universalismus hantieren, die eigentlich religiöse Ideen sind.

Tilo: Kommt daher auch der Aufstieg der Verschwörungsmythen ?…

Er: ….. Ja, wir suchen immer nach Mustern und finden auch solche, wo gar keine sind.…..

2h,17 min:ER: … geht 5000 Jahre zurück....und du kommst auf die erste Geschichte, die die Menschheit aufgeschrieben hat. Und das Gilgamesch-Epos kommt aus Mesopotamien, das ist der heutige Irak, und Gilgamesch ist die erste Geschichte, die wir von der Menschheit kennen und Gilgamesch ist ein wahnsinnig moderner Mensch...

 

Dazu siehe den Wikipedia-Artikel! Es gibt nicht das Gilgamesch-Epos, sondern verschiedene Überlieferungen: „Das Gilgamesch-Epos in seinen verschiedenen Fassungen ist das bekannteste Werk der akkadischen und der sumerischen Literatur.“ … „In immer neuen Anpassungen und Redaktionen wurde das Epos den historischen Bedingungen der jeweiligen Zeit angeglichen. Es war über Jahrhunderte grundlegende Schullektüre im Vorderen Orient und wurde selbst ins Hethitische und Hurritische übersetzt. Auch eine elamische Version ist bekannt.“

Gilgamesch war ein König, der hat vielleicht sogar wirklich gelebt, aber in seiner mythologisierten Version ist er erst mal ein König wie alle Könige in Mesopotamien,

2h 18 min: der Ruhm erringen will.... Und dann entschließt er sich: Er ist zu zwei Drittel Gott und zu einem Drittel Mensch, dass muss man wissen, das ist ganz wichtig... er schlägt Zedern ab, ermordet zuerst den Waldgeist....

2h 19 min: Er entzaubert den Wald und macht ihn zur ökonomischen Ressource und da haben wir schon einen Teil der Geschichte des Westens, die Natur zu entzaubern und zu einer sehr ökumenischen Ressource zu machen. ...

2h 20 min: Aber dieses Epos haben wir nur gefunden, weil das babylonische Reich irgendwann geendet hat, die Perser sind eingefallen, dreitausend Jahre nachdem das geschrieben wurde, und damals gab es einen neubabylonischen Herrscher namens Assurbanipal, der hat einen wunderschönen Palast, übrigens im heutigen Mossul...

 

Das (neu)babylonische Reich (626 bis) 539 v. Chr. wurde von den Achämeniden erobert und war das erste persische Großreich.

 

Assurbanipal – war, wie der Name schon zeigt – ein assyrischer Herrscher, der von 669 v. Chr. bis 631/627 v. Chr., also vor dem babylonischen Reich im Zweistromland von seiner Hauptstadt Ninive (Mossul) aus regiert hat

. … und der Palast von Assurbanipal ist niedergebrannt und das war unser großes Glück, denn Assurbanipal ...hatte eine Bibliothek mit mit 30.000 Bänden auf Tontafeln und durch den Brand des Palastes sind diese Tontafeln gebrannt worden und haben die Zeit überlebt. .und wurden im 19. Jahrhundert gefunden und das .

 

Laut Wikipedia: 25.000 Tontafeln, von „Bänden“ spricht man hier ja wohl nicht.

 

Von einem Brand steht bei Wikipedia nichts.

min: war fürchterlich peinlich, weil eine der Geschichten im Gilgameschepos handelt von einem alten Mann namens Utnapishti,

2h, 21min: und der ist offensichtlich der biblische Noah,... und damit war auf einmal für christliche Theologen schwarz auf weiß, dass diese Geschichte nicht aus der Bibel kam, sondern tausende Jahre älter war als die Bibel. Und das war also theologische ein echtes Problem.

 

Ziusudra – heißt laut Wikipedia der Mann, der das Boot angesichts der kommenden Flut baut (Tafel XI )

Dazu heißt es „Die Sintflut-Erzählung gehört in ihrer sumerischen Fassung nicht zu den Geschichten um Gilgamesch. Die Figur des Uta-napišti trägt hier den Namen Ziusudra. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Text um eine rückwirkende Übersetzung in die sumerische Sprache, die selbst aus mehreren älteren Fassungen schöpft und vor allem in Form des Atraḫasis-Epos einen eigenständigen mythischen Bericht darstellt.[15]“

Tilo: Aber das ist doch bei vielen Geschichten aus der Bibel so?

Er: Na klar, aber bis dahin hatte man dafür keine Beweise,

2h 21min: bis dahin konnte man meinen, die Bibel ist damals unter göttlicher Inspiration so aufgeschrieben worden.

 

1853 wurden die ersten Tontafeln gefunden, zuerst übersetzt und veröffentlicht 1872. Dann also wurde erst ein Vergleich mit der Noah Geschichte möglich. Die historisch-kritische Methode der Bibel ist aber wesentlich älter und schon im 18. Jahrhundert entwickelt worden (https://de.wikipedia.org/wiki/Historisch-kritische_Methode_(Theologie)), u.a. von Johann Salomo Semler (1725-1791). Nach David Friedrich Strauß und Bruno Bauer und ihrer Evangelienkritik konnte die Veröffentlichung des Gilgamesch-Epos wohl kaum noch jemanden Ende des 19. Jahrhunderts erschüttern.

Das andere ist, der Palast von …. Reliefs... Darstellungen = Gewaltorgien, der König darf alles.

2h 22 min: Das ist nicht unwichtig, denn damals ungefähr 700 v.u.Z. waren die Judäer, die Bewohner von Judäa, die wurden ins Exil gezwungen, verbannt von den Neubabyloniern, von den neubabylonischen Herrschern. Das war ein ganz normaler Prozess, das haben die immer gemacht, wenn es irgendwo einen Aufstand gab, dann haben sie die Bevölkerung abgesiedelt, aber für die Juden war es ein Trauma und die haben in Babylon angefangen, die 5 Bücher Mose niederzuschreiben, um , was ja dann auch ihre Geschichte bestimmt hat, ein tragbares Heimatland zu haben, um eine stabile Identität zu haben,

2h 23 min: . Aber natürlich haben sie, weil sie lange dort gelebt haben, aus der babylonischen Welt sehr vieles übernommen: Gesetze, Mythen und die sind in die Bibel gewandert, u.a., auch diese Idee, dass der Herrscher, dass der Mensch die Natur beherrschen kann, durch Gewalt und durch Übermacht,

 

Ja, das stimmt. Die Zeit der „Babylonischen Gefangenschaft“, insbesondere der Gebildeten und Elite des Volkes (597 bis mindestens 539 v. Chr.), war eine Zeit, in der etliche Schriften des Alten Testaments geschrieben wurden, jedoch nicht einfach als Übernahme der in Babylon vorgefundenen Mythen und Erzählungen, sondern in Auseinandersetzung und Abänderung dieser Geschichten. So geprägt ist insbesondere auch der 1. Schöpfungsgeschichte.

In der Noahgeschichte 1. Mose 6-9 fallen sich 2 Erzähler ständig ins Wort – im Hebräischen ist das sehr gut zu sehen, auch im deutschen Text, wenn man darauf achtet. Sie erzählen, was den Zeitraum der Sintflut und die Anzahl der Tiere betrifft, zwei unterschiedliche Geschichten – für mich ein Paradebeispiel für die Toleranz der Bibel, das nie harmonisiert wurde, erst in Kinderbibeln u.a. heute!

 

„durch Gewalt und Übermacht“ - das ist reiner Quatsch – Wo wird dies erzählt?

ja und irgendwann ist dann dieses Buch, diese Schrift wie eine Zeitkapsel nach Europa transportiert worden,

 

Diese Formulierung spricht für sich - in ihrer Unschärfe und Bildhaftigkeit

1000 Jahre später und Europa ist christianisiert worden

 

Juden und ihre Synagogen gab es bekanntlich schon zu Jesu Zeiten nicht nur in Israel, sondern auch in Rom, Griechenland – was ja wohl Europa ist. Die „Christianisierung“ vollzog sich trotz großer Christenverfolgungen mehr und mehr bis 313 Kaiser Konstantin das Christentum erlaubte. Sich selbst ließ er erst auf dem Sterbebett taufen. Kaiser Julian (360-63) förderte wieder heidnische Kulte und erst Kaiser Theodosius machte 391 das Christentum zur Staatsreligion und verbot die heidnischen Kulte.

410, also nur kurze Zeit später, wurde Rom von den Goten unter Alrerich geplündert, was man als Folge der Übernahme des Christentums ansah, das die Kampfkraft schmälerte. Damit hat sich Aurelius Augustin (354-430) auseinandersetzten müssen.

und so kamen diese Gedanken auch hier an, und mit dem Imperialismus, Kolonialismus sind sie dann in die ganze Welt gekommen.

 

Das sind ja wieder einmal Zeitsprünge! Und was ist mit dem Islam und dem Hinduismus und Buddhismus?

Tilo: Davor wurde die Natur nicht unterworfen?

Er: Das ist sehr spannend: Erstmal: Alle Zivilisationen sind mit der Natur sehr schwierig umgesprungen … Römer, Chinesen – insofern hat es das schon immer gegeben. Aber ich glaube, es gibt einen ganz wichtigen Unterschied:

2h 24min: Diese Bibel platzte in eine animistische Welt. Animisten sind Leute, die nicht nur an viele Götter glaubten, auch an Dämonen und viele Geister, Ahnen... Und wenn du Animist bist, dann weißt du, jeder Schritt, den ich mache, mit dem betrete ich das Territorium von jemand anderem von einer anderen Kraft und mit der muss ich mich irgendwie arrangieren, sonst geht das nicht gut,... .

 

Wenn die Welt für die Menschen voller Geister (u.a. der Verstorbenen), Dämonen, Götter ist, ist sie auch voller Angst vor dem Bösen, mit dem sie einem schaden können und man muss sie ständig durch Opfer und Anbetung besänftigen, darf z.B. nichts Kritisches über Verstorbene sagen.

Man benötigt Priester und Schamanen, um sie in Schach zu halten, zu besänftigen und zu vertreiben... Doch greift man genauso in die Natur ein, wie wir Europäer, das bestreitet Blom ja auch gar nicht, nur mit etwas mehr feierlicher Zeremonie. Kein Tier ist z.B. in China, Vietnam vor dem Menschen sicher, nicht verspeist zu werden....

2h 25min: Die Natur war animiert und du musstest dich irgendwie arrangieren, sonst würden sie kommen und dich strafen Und jetzt kam die Bibel und sagt: Unsinn, die Erde ist nur totes Territorium, die ist nur Staub, die will nichts, die sagt nichts, die hat auch keine Rechte

 

Wo steht das in der Bibel? Der Mensch wird daran erinnert, dass er Staub ist (s.u.)

Die Trennung der Tiere in reine und unreine Tiere im Judentum, in solche, die man essen und solche, die man nicht essen darf, so z.B. 5. Mose 14,3-19, die man opferte bzw. nicht opferte (s. 1. Mose 8,20), sind in der Praxis die ersten Naturschutzgesetze.

–und in sehr patriarchalischer Weise – kann der Bauer die Erde umpflügen, penetrieren,

 

Warum benutzt er (mehrfach, nicht nur hier) das Wort „penetrieren“ - auf deutsch „eindringen“ das an den Geschlechtsakt denken lässt, aber nicht aus der Landwirtschaft stammt, zumal er pflügen und einsäen daneben nennt?

einsäen, kaufen, verkaufen... und damit hat sie keinerlei Handlungsmacht mehr, der Mensch ist der einzige, der das tut, aktiv, passiv, männlich, weiblich, etwas, was wir sehr gut kennen aus der Geschichte später.

Dazu hier der ganze Wortlaut von 1. Mose 3,17-23: Gott sagt zu Adam:

„Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: 'Du sollst nicht davon essen' –, verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Felde essen.
Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde wirst, davon du genommen bist. Denn Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück.
Und Adam nannte seine Frau Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben.

Und Gott der HERR machte Adam und seiner Frau Röcke von Fellen und zog sie ihnen an.

Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und nehme auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich! Da wies ihn Gott der HERR aus dem Garten Eden, dass er die Erde bebaute, von der er genommen war.

 

So sagen wir heute noch am Grab bei einer Beerdigung nach dem Herunter-lassen der Urne oder des Sarges: „Von Erde bist du genommen zur Erde sollst du wieder werden. Erde zur Erde, Asche, zur Asche, Staub zum Staube.“

Das war eigentlich so eine Art Atombombe in die mythologische Welt der damaligen Zeit, diese Weltsicht so völlig umzukehren.

 

Was ist das für ein Vergleich?! - Was haben diese Sätze in der 1. und 2. Schöpfungsgeschichte zerstört wie die Atombombe in Hiroshima und Nagasaki? - Und das erzählt er mit strahlenden Augen!

2h 26 min: Und was mich interessiert, ist dass wir jetzt mit der Klimakatastrophe und der neuen Wissenschaft, anfangen zu begreifen, dass die Motivation der Animisten gar nicht so blöd war. Denn wir brauchen jetzt nicht mehr die Seifenoper von Zeus, der die Hera betrügt, ..Wir benutzen jetzt die Sprache der Wissenschaft, um auszudrücken:

Wir leben in Systemen und alles was, wir tun, verändert das System und verändert auch uns, in diesem System. Wir sind nie allein. Und mit jeder Handlung, die wir setzen, müssen wir uns mit diesen anderen Kräften und Mächten irgendwie arrangieren, die um uns herum sind, die jetzt nicht mehr mythologisch sind, die wissenschaftlich sind, aber diese Idee der Verstricktheit in die Welt, dass wir nicht alleine dastehen, sondern dass wir Organismen sind, die überhaupt nur in Systemen und als Systeme bestehen können, fängt übrigens auch schon in unserem Körper an...

2h 27min: Eine Kaffeetasse Mikroben in unserem Verdauungstrakt...

2h 28 min: inzwischen: 30 Billionen menschliche Zellen und .. 40 Billionen nichtmenschliche Zellen..... Grundlage für unsere Intelligenz ist das Mikrobiom.. Das heißt: Das Mikrobiom sind eigentlich wir. ...wir sind nicht ein rationales isoliertes Individuum, was in der Welt steht. Wir sind bereits eine Symbiose. Das ist eine echte Denkrevolution.

2h 29 min: Der erste, der das ganz klar formuliert hat, war Spinoza... im 17. Jahrhundert und der behauptet hat, er wolle eigentlich nur zeigen, wie große Gott ist und wie vollkommen und wunderbar Gott ist, aber der dann magisch zu der Schlussfolgerung kam: Gott ist perfekt. Gott ist vollkommen und deswegen hat er natürlich auch die Welt vollkommen gemacht und weil die Welt vollkommen ist und auch die Gesetze vollkommen sind, könnte Gott sie nicht ändern, denn das würde gegen seine Vollkommenheit verstoßen. Das heißt: Die Naturgesetze sind eigentlich Gott. . oder gleich Natur. Das heißt, es hat auch keinen Sinn zu beten, denn Gott kann den Gang der Geschichte nicht ändern. Das heißt, er kam dann zu der Formel „Deus sive natura“, Gott oder die Natur, auswechselbar die beiden.
2h 30min: Das heißt: Es gibt nichts außerhalb der Natur. Wir sind Natur. . Und diese Idee ist sozusagen die Antidot, die Antipode zur Idee, dass Menschen über die Natur herrschen können und von ihr losgelöst sind.

Tilo: Nach der Logik hat der Mensch Gott unterworfen?..

Er: .. Ja, das ist ein interessanter Gedanke. Alle Theologen wissen magisch, was Gott eigentlich gemeint hat, auch Jahrtausende später, und in anderen Sprachen wissen sie doch: Eigentlich wollte er das sagen. Aber Spinoza hat Gott eigentlich überflüssig gemacht, aber damit hat er auch uns mit dem Gedanken gelassen: Wir sind nicht über der Natur. Es gibt nichts über der Natur. All dies ist Evolution.

Tilo: ... Woher kam der Monotheismus, die christliche Weltsicht , dass der Mensch außerhalb der Natur steht, der Mensch ist kein Tier?

Er: … Wir reden ja immer noch über Mensch und Tier.

Tilo: Wir sind das gefährlichste Tier.

Er: Wir teilen 98,5 % unserer DNA mit Schimpansen. Das ist ein Unterschied, der ist genauso groß wie der zwischen afrikanischen und indischen Elefanten. Also natürlich sind wir Tiere, natürlich sind wir Natur.

 

Was würden wohl die Tiere über diese Gleichsetzung von Mensch und Tier, dass der Mensch ein Tier sei, sagen, wenn sie es könnten? All die Tiere in der Massentierhaltung und angesichts der Schlachthöfe, all die Tiere, denen ihre Lebensgrundlage durch industrielle Landwirtschaft und die Abholzung der Wälder und die Klimaveränderung genommen wird?

Selbst die Haustiere hätten damit möglicherweise ein Problem. Sicher auch die Schimpansen für die Ehre, den Menschen angeblich so ähnlich zu sein.

Aber natürlich... kann man mit der Natur völlig anders umgehen, wenn man sich nicht als Teil von ihr fühlt. Das ist einfach nur totes Territorium.

2h 32min: Also ich glaube, das hat auch zu einem großen technologischen Schub befähigt.

Tilo:... dumme Untertanen..

Er: Aber ich glaube nicht, dass das so bewusst war. In der Bibel – und hier spricht ein alter Judaist: Gott fängt an als eine Stammesgottheit unter vielen, ist damals auch noch verheiratet, hat also eine Göttin an seiner Seite. Jahwe hat eine Göttin an seiner Seite

 

In der Bibel steht davon nichts. Stattdessen kann Gott nicht nur mit männlichen Begriffen beschrieben werden, sondern auch mit weiblichen, z. B. wie eine Mutter, mit Tieren, mit Wetterphänomenen..

Da das Volk Israel zwischen lauter Völkern lebten, die viele Götter hatten, die mit Statuen und Bildern b und in Tempeln und auf Altären auch zu Hause oder auf Feldern verehrt wurden, war es für sie immer eine Versuchung, solche auch zu verehren. Dazu gehörten auch Fruchtbarkeitsgöttinnen. Auch die Könige gestatteten ihren Frauen, die sie aus anderen Völkern heirateten, die Verheerung ihrer eigenen Götter und gestatteten einen den Bau entsprechender Tempel in Jerusalem. Das wird im 2. Gebot verboten und wurde von den Propheten immer wieder scharf angegriffen.

Da Archäologen nun vor ein paar Jahren in Jerusalem solche Göttinnenfiguren gefunden haben, haben einige das behauptet, was Ph. Blom hier behauptet. Diese Funde belegen aber nur, was in der Bibel steht, dass es nicht einfach war, die Menschen zu bewegen, nur einem Gott zu vertrauen.



und es gibt ganz viele Götter und jeder Stamm hat seine eigenen Götter und je später die Schriften der Bibel, um so mehr fallen die anderen Götter weg und Gott ist nicht mehr nur der Gott Israels, sondern eigentlich der universelle Gott, der immer theoretischer und immer moralisch aufgeladener wird. Der israelische Gott, der Gott der Israeliten ist kein netter Gott, der kann sehr böse werden und der kann Rache üben und bis ins siebente Glied.

Tilo: im Alten Testament..

 

Hier kann ich nur protestieren, denn hier kommt es zum „Neuaufguss antisemitischer NS-Ideologeme“, wie es ein Kommentator zu Broms Buch am 2.3.2023 auf Amazon schrieb, was richtig ist. Das Alte Testament wurde als jüdisch diffamiert und gestrichen, das neue Testament von Jüdischem „gereinigt“, so durch sogenannte „Deutsche Christen“, wie schon in der Antike durch Markion ( 85/100-160) (https://de.wikipedia.org/wiki/Marcion)

Die gesamt Bibel von Altem und Neuem Testament, in mehr als 1000 Jahre entstanden, ist durch Gemeinsamkeiten geprägt, wie sie von Chris Harrison .. anhand der vielen Textquerverweise visualisiert wurden ( www.chrisharrison.net/projects/bibleviz/index.html ).

2h 33 min: Er: Ja, eben. Er ist ein ganz schöner Rabauke oder ein Psychopath, aber der Gott des Christentums ist dann sozusagen gereinigt und kommt dann aus der Reinigung persilweiß heraus.

Tilo: das Neue Testament

 

Diese Trennung und Gegenüberstellung von Altem und Neuem Testament in einem Schwarz-Weiß-Schema ist gefährlich, nicht nur, weil es nicht der Realität entspricht, sondern, wenn man weiterdenkt, den Juden den schwarzen Teil zuschreibt und den Christen den weißen, was wiederum Antisemitismus fördert. Auch kann solch ein Schema nur entstehen, wenn man viele Stellen des Neuen Testaments unterschlägt, die von Gottes Zorn und sogar auch Rache sprechen. („Mein ist die Rache“, spricht der Herr“- 5. Mose 32,35, zitiert z.B. in Hebr. 10,30; Röm. 12,19, vgl. 13, 4) – Dass die Rache Gottes Sache ist, schließt aus, dass Menschen sich selber rächen!

Er: Ja, und das ist dann natürlich die Idee des Neuen Testaments. Ich glaube nicht, dass es ein absichtsvoller Prozess war, aber es war ein sehr mächtiger Prozess.

Tilo: Vorher, so schreibst du in deinem Buch, hat sich der Mensch als Sklave der Götter begriffen und dann wurde er zur Krone der Schöpfung. Der Gott hat nichts anderes besser hinbekommen als den Menschen selbst.

Er: Richtig.

 

Die Beschreibung des Menschen als „Krone der Schöpfung“ steht selbst so nicht in der Bibel, und ist möglicherweise mal abgeleitet worden aus der Formulierung des Königs Davids in Psalm 8, 6: „Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt.“ s.: https://de.wikipedia.org/wiki/Krone_der_Sch%C3%B6pfung



Tilo: dann erklär uns mal den Unterschied bzw. , was Natur und Kultur miteinander zu tun haben.

2h 34 min: Das ist ganz wichtig, aber zuerst noch ein Gedanke: Der Gedanke der Naturbeherrschung „Macht euch die Erde untertan“ war ja etwas lästig in der Bronzezeit, denn es gab die Technologien noch nicht... und deshalb kriegt man dann in der Spätantike die ersten christlichen Denker, z.B. Augustin, die fragen sich dann: Wie soll denn das funktionieren, die Naturbeherrschung? Aha, das ist meine eigene Natur, die ich beherrschen muss. Also ich muss alles, was irdisch ist an mir, was tierisch ist an mir, was instinktiv ist an mir, unterdrücken, um mich Gott näher zu bringen. Um Gilgamesch – um meine göttlichen zwei Drittel, meine Seele, von meinem irdischen Drittel, zu trennen, und die Erde ist eh nur ein Jammertal.

Aber es geht weiter. Wenn du einmal gesagt hast: Die Erde ist das, was beherrscht werden muss, also mein irdischer Körper dann kannst du fragen: Was ist doch sonst noch Erde? Ah: Frauen menstruieren und gebären, die sind offensichtlich näher an der Erde, also brauchen sie Beherrschung,

 

Da geht wieder die Phantasie mit Ph. Blom durch. Nirgendwo in der Bibel steht, dass die Frauen näher an der Erde seien als die Männer. Dass sie sich unter die Männer unterzuordnen haben, steht im Neuen Testament im Zusammenhang mit dem Verhalten in den Gemeinden, formuliert von Paulus z.B. in 1. Kor. 11,1-16, s. auch Eph. 5,22, Kol 3,18ff, 1. Petr. 2,18ff, wobei die Männer ihre Frauen lieben sollen, wie Christus die Gemeinde liebt und sich selbst für sie hingegeben hat (Eph. 5,24f)

die Menschen dunklerer Hautfarbe - das schreiben Philosophen des 18. Jahrhunderts und Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts endlos darüber – sind näher an den Tieren, das sieht man ja, und das wurde dann auch fleißig bewiesen mit Schädelmessungen und anderem Unsinn...und deswegen müssen weiße Männer sie beherrschen.

2h 35min: Du kriegst auf einmal die Machtstruktur einer christlichen Welt aus der Frage, was ist Natur, und was ist irdisch, denn alles, was natürlich ist und irdisch, darf beherrscht werden, muss sogar nach göttlichem Ratschluss beherrscht werden und zwar von weißen Männern.

 

Wo steht etwas in der Bibel von „weißen“ Männern??? Wo alle dort Handelnden (bis auf ein paar Griechen und Römer wie Pilatus) doch Semiten warn/ Araber mit schwarzen Haaren und braungebrannt oder von Natur aus braun, außerdem Ägypter, Äthiopier...

Dass in späteren Zeiten, auf europäischen Gemälden Jesus mit braunen lockigen Haaren und blauen Augen zu sehen ist – innerhalb einer europäischen Landschaft hat andere Ursachen.

Und das Spannende ist: Dann kommt die Aufklärung

Tilo: the white.... ist schon 1000 Jahre alt?!

Er: Und dann kommt die Aufklärung, die alles aufrollen und ändern will und die findet dann„ magisch, ah, Frauen sind nicht so rational wie Männer und Afrikaner sind nicht so rational wie Weiße und weil dass so ist, müssen wir sie beherrschen. Die Machtstruktur bleibt exakt dieselbe. Das Argument ändert sich etwas: Es wird jetzt die Rationalität.

Und dann kommen wir zur Frage nach Kultur und Natur:

2h 36 min: Kultur ist ein Wort, dass es in vielen Sprachen nicht gibt, zum Beispiel asiatische Sprachen:... Dinge die der Mensch gemacht hat und Dinge, die der Mensch nicht gemacht hat. ...

Natur ist ursprünglich Bedrohung, schrecklich. Und wird erst im Laufe der industriellen Revolution auch schön ..... Im 17. Jahrhundert sind die Alpen ein Ort des Schreckens, schön erst im späten 18./19. Jahrhundert. … (Heute) Hintergrund für Selfies....

2h 38 min: Tilo: Du schreibst die Beherrschung der Natur als Unterwerfungswahn...

Er: ….Es geht um Anpassung, nicht um Beherrschung



Hans mit den Fragen aus dem Chat:

3h 21min: Wie nennt man die Ideologie ...deines Buches. Ist das Weltökologismus?

Er: Ich glaube nicht, dass ich irgendeinen Ismus vertreten würde. Ich hab keine Ideologie, ich hab kein fertiges Gedankengebäude. Ich versuche so redlich wie möglich, Schlussfolgerungen zu ziehen aus den Sachen, die ich finde. Für mich ist eine Ideologie ein fertiges, geschlossenes Gedankengebäude, was einen Wahrheitsanspruch hat und ich würde von mir behaupten, dass ich das nicht tue. Ich glaube, man kann sehr einfach sehr klar aus Anatomie und Wissenschaft und Biologie sehen, dass Menschen ein Teil der Natur sind und dass es eine enorme psychologische Energie verlangt, dass nicht mehr zu glauben. Und ich glaube, dass das nicht einfach Ideologie ist, sondern ganz einfach Beobachtung.

3h 22 min: Hans: Ja, aber wenn man den Begriff der Ideologie vom Wahrheitsanspruch – da legst du die Latte ja sehr hoch, 'ne Ebene runter fährt und einfach sagt: Ideologie ist einfach ein in sich halbwegs stimmiges Ideengebäude, einer deiner zentralen Sätze ist ja, dass du sagst: Wir müssen weg von diesem a) theologischen und b) mechanistischem Weltbild, dem Uhrwerk, wir müssen uns Menschheit und Menschheitsgeschichte eher vorstellen als ein System von Vernetzung, von Verknotung, von Interdependenzen. Das könnte man doch auch als eine Form von Ideologie im nicht Wahrheit beanspruchenden Sinne definieren?!!

Er: Richtig. Aber ich sehe es mehr als einen freundlichen Vorschlag, ich nehme das von der Naturwissenschaft, die immer mehr in Systemen denkt, immer weniger in Einzelphänomenen, also dass ist der ganze Sinn der Quantenphysik und der Relativitätstheorie, dass man Sachen nur in ihrem Kontext, nur in ihrem System verstehen kann.

3h 23 min:Wie gesagt: Wissenschaft produziert keine Wahrheit. In 50 oder hundert Jahren kommt vielleicht eine ganz andere Art, wie man diese Systeme versteht.

Hans: Trotzdem ist Wissenschaft Wahrheitssuche.

Er: Wissenschaft ist Wahrheitssuche. Und was ich tue, ist natürlich auch Wahrheitssuche. Aber ich bin noch nie am Ziel angekommen und in sofern: Ideologie ist für mich ein so starkes Wort.

Hans: Okay. Begriffen. Der Satz: „Macht euch die Erde untertan“, war einer der wirkmächtigsten Sätze der Bibel, den Du kritisierst, das war heute ja auch lang und breit deutlich. Was wäre als Slogan deine Entgegnung?

Er: Ich glaube ganz einfach: Wir sind Natur. Wenn man das durchdenkt in allen seinen Konsequenzen, ist da alles drin, was man braucht.

Hans: Auch zum Buch und zum Titel und Untertitel: „Ich finde das Wort Wahn vollkommenen Blödsinn. Naturbeherrschen heißt ja nicht, ihre Regeln und Limits zu ignorieren, sondern im Gegenteil, zu verstehen und sich mit ihnen zu arrangieren .

Er: Das ist dann für mich dann keine Beherrschung, sondern Sonnenenergie. Also: Ich tue der Sonne ja keine Gewalt an, wenn ich die Energie, die sie gratis in die Welt aussendet , einsammle.

3 h 24 min: Aber die Idee, das ich als einzige Spezies, nicht nur von Gott auserwählt bin, sondern den Auftrag habe, alles andere mir niederzuknüppeln, das ist etwas ganz anderes.

 

Herrschaft als „etwas mir niederzuknüppeln“ zu verstehen, ist nicht der biblische Begriff von Herrschaft. Es reißt dieses Wort aus seinem Zusammenhang. als gäbe es nicht die radikale Kritik der Propheten wie Amos, Micha, Jeremia.. .und von Jesus im Namen Gottes an den Mächtigen, Reichen, an den Königen ihrer Zeit. Recht und Gerechtigkeit sind Zentralbegriffe der Bibel, das Beharren auf den Lebensrechten der Schwachen, der Armen, der Behinderten, der Kinder, der Kranken, der Frauen, der Kinderlosen, der Witwen und Waisen, der Sklaven, der Fremden... Diese Sätze, Werte wirken bis heute in lokalem bis weltweitem Einsatz für genau diese Personengruppen

das ist, glaube ich, die Logik der Herrschaft, die auch inhärent immer gewaltsam ist, inhärent immer hierarchisch ist, einer steht immer oben, einer immer unten. Das ist was ganz anderes.

Hans: Denkst Du, dass es den glaubensfreien, unreligiösen Menschen gibt oder geben kann?

Er: Ne, glaube ich nicht. Ich denke, wir haben ein Bedürfnis danach zu glauben.

Hans: Das gilt auch für Dich?

Er: Ja, na klar. Schließlich wir haben alle Reflexe, die wir manchmal mit Erstaunen bei uns wahrnehmen. Heute ist Freitag der 13., und mir ist etwas unwohl, dass ich jetzt rausgehe. Was für ein Blödsinn. Aber wie gesagt: Wir sind keine rationalen Wesen. Wir brauchen diese Sachen, weil sie zwar falsche, aber doch Orientierung geben.