Hier finden Sie einige meiner Artikel, die gedruckt wurden bzw. die ich drucken lassen wollte, die neuesten zuerst:

- 3000 Jahre vor uns und 12 Jahre hinter uns
  am 30.10.2021 veröffentlicht auf der Webseite: von-Jesus-lernen.de


- Der Zeitstrahl und die Null
  am 30.10.2021 veröffentlicht auf der Webseite: von-Jesus-lernen.de

 

- Achtung: Trigger für Ossis!
  Wie das scheinbar gerechte Gendern unsere Sprache verkompliziert und einer neuen Angst Vorschub leistet  
  - erschienen im Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt 08/2021

- Wer macht das Licht aus? - im Staat? - In unserer Kirche?
  Beobachtungen und Fragen 1957 - 1989 - 2019 - erschienen im Deutschen Pfarrerblatt 08/2020

- Hilfskonstruktionen
  Anmerkungen zu Ernst Vielhabers Aufsatz »Ostern in neuem Licht« 
- erschienen im Deutschen Pfarrerblatt 05/2019

- Wir sind nicht arm. Wir rechnen uns arm - auf der Webseite Wort-Meldungen 02/2017

- Schönreden wie zu DDR-Zeiten. Kommentar von Dr. Katharina Dang, Berlin,
   zum Vortrag von Bischof Dröge vor der bayerischen Landessynode - auf der Webseite Wort-Meldungen 04/2016

- Synoden-Entscheidungen über die künftige Entwicklung der evangelischen Kirchen – halten sie einer Prüfung auf Urteilsheuristik stand?  - auf der Webseite Wort-Meldungen 01/2016

- Wenn sich Gemeinden gegen Fusionen stellen: Der Gemeindebund in der EKBO, in: Fusion und Kooperation in Kirche und Diakonie, hrsg. von: Stefan Jung, Thomas Katzenmayer,V&R Unipress, 2014, S. 195-214

- EKBO: Zog die Synode die Notbremse? Konsistorialpräsident Seelmann von Synode nicht im Amt bestätigt - vom 7.4.2014 auf Wort-Meldungen

- Synode EKBO: Personalentscheidungen? - vom 17.11.2014 -auf Wort-Meldungen

- Nachlassverwaltung der Ressourcen? - in: Die Mündige Gemeinde, Nr. 2 vom 4.4.2014
  ebd: Die Bibel - ein Werk der Toleranz am Beispiel der Noah-Geschichte;
- Abschied von „Kirche der Freiheit“ (KdF), dem Impulspapier der EKD? Trauer um die vergeudete Kraft und Zeit seit 2006? - u.a.

 - G. Beckstein und K. Winterhoff zu Konzernbildung der EKD und Doppik - Dazu auf Wort-Meldungen vom 25.11.2013

- Wenn ich schon sterben soll, dann erledige ich dies doch lieber selbst - Die mündige Gemeinde  Nr. 1 vom 31.10.2013
-
ebd u.a.: Neue Buchführung -
Sinn und Unsinn; Wem nützt die Eröffnungsbilanz
- Migrationshintergrund - was ist das?

- Wie belastbar sind die kirchlichen Mitgliedschaftsstatistiken? - vom 21.10.2013 auf Wort-Meldungen

- Diakonie und Kirche gemeinsam auf dem Weg? Wolfgang Huber auf dem Fachtag am 10. April 2013 in Lobetal - vom 20.5.2013 auf Wort-Meldungen

In Würde sterben – selbstbestimmt leben bis zuletzt, im Heft "Zu Hause sterben im Land Berlin© 2009",
hrsg. vom Projekt „ZusammenLEBEN“ mit seiner Arbeitsgruppe „LebensENDE“ der Evangelischen Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit Christoph Albrecht

- Zu Hause sterben im Land Berlin - Artikel für unsere internetseite als Zusammenfassung der 4 Foren zum Thema in der Ev. Kirchengemeinde Berlin-Marzahn/Nord, 2006

- Religionsunterricht für alle? In: Pädagogik und Schulalltag.47 Jg. 2992, Heft 6. Luchterhand Verlag Neuwied, S. 621-630

- Das Bild von Religion in der ehemaligen DDR - Konsequenzen für Religion in der Schule heute,
in: Religion- Warum und wozu in der Schule, hrsg. von Jürgen Lott,  Deutscher Studien Verlag Weinheim 1992S. 169-176

- Kirche in der Revolution - Berlin vor 140 Jahren, in Zeichen der Zeit, Heft 2, 1989, S. 34-39

- Seit 140 Jahren: Friedhof der Märzgefallenen, in: Die Kirche. Evangelische Wochenzeitung Nr. 12, vom 30. März 1988, S. 2

- Welge, Katharina: Ideologie und Weltanschauung in den Predigten der Berliner domperdiger zu Texten vom Tod und von der Auferstehung Jesu (1539/40 - 1817), Diss. Greifswald - In: Theologische Literaturzeitung111, Jahrgang 1986, Nr. 8, A. 634f

- 1978: Für eine amerkanische Zeitschrift ( dank Vermittlung und Übersetzung durch Dr.phil. William Yoder, jetzt zugänglich auf seiner Webseite): Letter on Vietnam to US-American Christians
Are American Christians the Vietnamese Brother’s Keeper?


Im Heft "Zu Hause sterben im Land Berlin© 2009",
hrsg. vom Projekt „ZusammenLEBEN“ mit seiner Arbeitsgruppe „LebensENDE“ der Evangelischen Kirchengemeinde in Zusammenarbeit mit Christoph Albrecht
habe ich folgenden Artikel über die Vorbereitung zum Sterben geschrieben:

In Würde sterben – selbstbestimmt leben bis zuletzt

Das Hauptproblem ist die Angst, die Angst vor dem Sterben und die Angst vor dem Zurückbleiben. Sie kann hindern, in Würde zu sterben, weil Notwendiges nicht rechtzeitig bedacht und getan wurde.


Ich kann mich auf ein Sterben in Würde vorbereiten, wenn ich das Zu-Ende-Gehen meines Lebens sowohl in meiner inneren Haltung zum Sterben als auch in einigen äußeren Maßnahmen gestalte.

  1. Ich nehme das Sterben als eine Tatsache in unserem Leben an.
  2. Ich beginne mit meinen Vorbereitungen nicht erst im hohen Alter oder wenn ich schwer erkrankt bin. Ich rechne mit der Möglichkeit, dass ich schleichend oder auch ganz plötzlich erkranken und dann daran gehindert sein kann, meinen Willen auszudrücken. Ich weiß, auch ich kann eine Demenz-Erkrankungen wie Alzheimer oder einen plötzlichen Schlaganfall, der zu einem Sprachausfall führen kann, bekommen.
  3. Ich spreche mit meinen Angehörigen über meine Wünsche und halte sie schriftlich fest.
  4. Ich informiere mich über die rechtlichen Grundlagen und die übliche Praxis der medizinischen Versorgung, des Betreuungsrechts, der Beerdigung und der Erbfragen.
  5. Ich ordne meine Verhältnisse und Beziehungen zu meinen Mitmenschen.
  6. Ich ordne meine Papiere und meinen Haushalt.
In den Tagen und Stunden vor dem Sterben heißt es für mich und die anderen Abschied nehmen:
- sich die Hand reichen, miteinander sprechen, einander Mut und Zuversicht ausdrücken, einander segnen, „Auf Wiedersehen“ sagen, einander zuwinken, dableiben, den anderen begleiten wie beim Abschied auf dem Bahnhof, sich Zeit nehmen, denn viele gemeinsame Jahre werden zu einem Abschluss gebracht.

Loslassen – das ist das Schwerste!
Wir sollten aber auch an die Konflikte denken:
Was habe ich für mich geklärt, wo andere für sich vielleicht noch nicht im Reinen sind?

Wo waren Wendepunkte, entschiedene Einschnitte in meinem Leben? Sie könnten sich in dieser sensiblen Zeit wieder „bemerkbar“ machen, bei mir oder bei den anderen.

Ältere Menschen leben mehr in der Vergangenheit. So wird wieder lebendig, was lange vergessen schien. Welche Konflikte könnten aufbrechen, wenn ich die anderen für immer verlassen muss? Wie kann ich hier helfend vorbeugen, klären und zu einem Abschluss bringen?

Welche Probleme muss ich selbst für mich noch lösen? Wenn ich mein eigenes Herz befrage, welche Bitterkeit, welchen Hass, welchen Ärger gibt es darin? Um in Frieden gehen zu können, ist es nötig, dass ich davon frei werde.
Andernfalls könnte mir ein langes, schwieriges Sterben in Aussicht stehen.
Was muss ich organisieren, damit die in der Regel auftretenden Komplikationen für mich und meine Angehörigen nicht auftreten?
Auch praktische Fragen müssen bedacht werden:
Wer wird die Versorgung hilfsbedürftiger Angehöriger übernehmen? Wer wird sich um den Briefkasten, die Blumen, Tiere im Haushalt kümmern, falls ich plötzlich einmal nicht mehr da sein werde?

Welche Funktion hatte ich bisher für meine Angehörigen? Wer wird diese Funktion übernehmen? Welche Funktion und Aufgaben habe ich in anderen Gruppen? Wer wäre fähig und bereit, meine Nachfolge zu übernehmen. Welche Informationen und Vollmachten braucht mein Nachfolger, um diese Funktion ausführen zu können?

Im Falle einer Pflegebedürftigkeit:
Wer kann diese körperlich und psychisch schwere Arbeit leisten? Ist dies zu Hause möglich? Welche technischen Schwierigkeiten könnte es im Ernstfall geben (Stufen, Treppen, Bad, Türen, Bett.) Ist ein Wohnungswechsel geboten? Sind technische Umbauten erforderlich?

Ist die ärztliche Versorgung sichergestellt? Wer kommt im Notfall? Was kann der Hausarzt zusagen? Die Notrufnummern 110 oder 112 zu wählen bedeutet, eine Lebensrettungsmaschinerie in Gang zu setzen, die nicht mehr gestoppt werden kann. So wird das Sterben womöglich qualvoll in die Länge gezogen.
Wie können unnötige Aufenthaltswechsel vermieden werden?
Transporte sind körperlich und seelisch äußerst anstrengend für einen alten oder kranken Menschen, erst recht für einen Sterbenden. Das Sprichwort sagt: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“. Heute geschieht das in der Regel aber sehr oft. Häufig wird zwischen Krankenhaus und dem eigenen Heim nur noch gependelt. Wenn ich dies nicht will, sollte ich meinen Willen möglichst klar und eindeutig äußern. In einer Patientenverfügung kann ich festhalten, welche medizinischen Behandlungen ich akzeptieren würde und welche ich ablehne.

Einen Hinweis auf die vorhandene Patientenverfügung sollte man immer bei sich haben. Für die Angehörigen muss sie leicht auffindbar sein, wie alle wichtigen Papiere.
Wie kann ich unnötige und möglicherweise quälende und den Sterbeprozess in die Länge ziehende Maßnahmen verhindern?
Ich sollte mich informieren über die Behandlungsmethoden häufig auftretender Krankheiten mit Todesfolge (Lungenentzündung, Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs...) und auch über den möglichen Verlauf meiner eigenen chronischen Krankheiten und ihrer Behandlungsmethoden. Ich frage nach möglichen Komplikationen und Folgen von Operationen, Untersuchungen und anderer medizinischer Maßnahmen für den irgendwann eintretenden Sterbeprozess (Herzschrittmacher, Magensonde...).

Ich darf mich weigern zu essen und zu trinken und Medikamente einzunehmen, wenn dies für mich nur noch eine Qual ist. Sterben ist von Natur aus ein Austrocknungsprozess, der keine Schmerzen bedeutet.
Wie kann vermieden werden, dass bei einem plötzlichen oder auch gewünschten Sterben zu Hause die Polizei, Kriminalpolizei und die Gerichtsmedizin eingeschaltet wird?
Zuallererst gilt es, die Ruhe zu bewahren und den Hausarzt zu informieren. Deshalb sollte vorher mit ihm gesprochen werden, wie er erreichbar ist. Falls er nicht jederzeit innerhalb von 24 Stunden kommen kann und sich das Sterben über längere Zeit anbahnt, sollte dies vom Hausarzt und den Pflegenden dokumentiert und dem herbeigerufenen Bereitschaftsarzt vorgelegt werden.
Wie können psychische Probleme im Trauerprozess vermieden werden?
Es reicht oft nicht, sich ein Foto vom Verstorbenen zu Hause aufzustellen. Der Tod muss „begriffen“ werden können. Dabei hilft das Abschied nehmen am Bett des Verstorbenen oder auch am offenen Sarg vor der Bestattung.

So kann auch kontrolliert werden, ob der Tote wirklich so bestattet wird, wie es vereinbart war. Insbesondere bei Feuerbestattungen ist dies wichtig.

Eine Erdbestattung ist für die Trauerbewältigung der Angehörigen hilfreicher als eine Urnenfeier.
Wie können unnötige Kosten bei der Bestattung eingespart werden?
Wichtig ist es zu wissen, dass sofern Angehörige vorhanden sind, jeder Mensch das Recht hat, würdig bestattet zu werden, und auch eine Erdbestattung einfordern kann. Zu empfehlen ist es wie bei jedem anderen Kauf, die Preise zu vergleichen und sich drei Kostenvoranschläge einzuholen. Nehmen sie nicht den erstbesten Bestatter!

Der Verstorbene darf bis zu 36 Stunden zu Hause bleiben!

Sie haben also genügend Zeit, um dies zu klären.

Eine christliche Bestattung mit einem Pfarrer/einer Pfarrerin kann jedes Gemeindeglied einfordern. Voraussetzung dafür ist, dass der/die Verstorbene Mitglied der Kirche war oder seine Angehörigen es sind. Diese Begleitung ist kostenlos.
Wie kann die Haushaltsauflösung und die Verteilung des Erbes gut vorbereitet werden?
Angehörige treten das Erbe an, wenn sie die Wohnung des Verstorbenen betreten. Sie haben sechs Wochen Zeit, das Erbe auszuschlagen. Kosten der Wohnungsauflösung und eventuell vorhandene Schulden müssen berücksichtigt werden.

Ein Testament verhindert immer noch am besten Nachlass-Streitigkeiten unter den Angehörigen. Es tut ihnen gut zu wissen, dass ich auch in dieser Hinsicht an sie gedacht habe, selbst wenn es nur Kleinigkeiten oder bestimmte Andenken sind, die ich ihnen auf diese Weise übereigne.

Es ist zu bedenken, dass ein gerichtlich beauftragter Betreuer mit der Sterbestunde sämtliche Vollmachten verliert. Sind keine Angehörigen da, tritt erst nach Wochen das Nachlassgericht in Funktion und regelt den Nachlass mittels eines gerichtlich eingesetzten Nachlassverwalters.
Wie können aggressive Ausbrüche und Schuldzuweisungen unter den Angehörigen vermieden werden?
Wenn das Sterben eines Menschen innerlich noch nicht akzeptiert werden konnte, sind ganz unvermutete und kränkende Verhaltensweisen von Angehörigen nicht selten. Der Sterbende kann dies verhindern, wenn er die Angehörigen ermahnt und als seinen letzten Willen bittet, sich umeinander zu kümmern und Frieden zu halten. Dabei kann helfen, wenn er mit jedem zum Abschied noch einmal offen über dessen Schwächen und seinen Charakter redet, aber auch gute Wünsche für das weitere Leben ausspricht. Nicht vergessen werden sollte der Dank. Letzte Worte haben ein ganz besonderes Gewicht. Darum sollte ich sie mir gut überlegen.

Es ist eine Möglichkeit, einander das zu sagen, was man schon immer sagen wollte, sich aber vielleicht nicht getraut hat. Die Hoffnung auf ein künftiges Wiedersehen ist keine Vertröstung.

Voraussetzung für ein Abschiednehmen ist Ruhe. Wir sollten einander die Chance geben, allein mit dem Sterbenden zu sprechen. Das erfordert Absprachen unter den Besuchern.
Wie kann man das Sterben eines Menschen würdig begleiten?
Die Körperpflege, Essen und Trinken sollten auf das vom sterbenden Menschen gewünschte Maß reduziert werden, so wie alles, was Unruhe bedeutet.

Singen verkürzt nicht nur die Zeit des stillen Wartens am Bett, es wird vom Sterbenden selbst dann wahrgenommen, wenn er kaum noch Reaktionen zeigt. Viele alte Kirchenlieder haben aus diesem Grunde so viele Verse. Ihre letzten Strophen handeln meist vom ewigen Leben. Singen erreicht die Seele, kann Kindheits-Erinnerungen wachrufen und einstimmen auf den Gesang der „Engel“, den der Sterbende erfahrungsgemäß bald vernehmen wird.<

Hilfe ermöglichen ambulante und ehrenamtliche Hospiz-Dienste. Verwandte und Freunde sind zu informieren, um jedem die Möglichkeit zum Abschied zu geben, auch dann, wenn lange kein Kontakt mehr bestand. Vielleicht wartet der Sterbende gerade auf diesen Menschen? Das ist zu klären. Besteht der Wunsch, das Heilige Abendmahl zu feiern, dann ist ein Pfarrer/eine Pfarrerin zu rufen. Ist es der Wunsch nach der letzten Ölung vorhanden, dann muss ein katholischer Priester informiert werden. Auch sonst kann jederzeit die Hilfe eines Seelsorgers in Anspruch genommen werden. Angehörige können sich Rat bei der Telefonseelsorge holen.

Niemand weiß, wie lange das Sterben dauern wird. So ist es gut, sich auf eine längere Zeit der Begleitung einzustellen und mit den eigenen Kräften und denen seiner Angehörigen hauszuhalten. Ob der Sterbende allein oder in Anwesenheit seiner Angehörigen stirbt, sagt nichts über ihr Verhältnis aus. Angehörige wünschen oft, im Augenblick des Sterbens, also beim letzten Atemzug dabei sein zu dürfen. Der Sterbende selbst aber fühlt sich vielleicht gar nicht allein, sondern sich auf dem Weg in die andere Welt begleitet. Es erscheinen ihm schon verstorbene Angehörige, Engel oder gar Jesus selbst. Er redet mit ihnen oder wie Fachleute sagen: „Er himmelt“. Niemand sollte sich Vorwürfe machen, wenn er trotz treuer Pflege im Moment des Sterbens gerade nicht anwesend sein konnte.

Eine heilige Atmosphäre umgibt den gerade Verstorbenen. Sie auszuhalten ist nicht für jeden Menschen einfach. Es hilft, das Fenster zu öffnen, eine Kerze anzuzünden, den Verstorbenen würdig zu betten, seine Hände zu falten und für ihn zu beten.

Katharina Dang



Das Heft kann hier ganz heruntergeladen werden:
Download: Zu Hause sterben im Land Berlin
 



Meine Erfahrungen in unseren vier Foren zum Thema "Zu Hause sterben im Land Berlin"  habe ich 2006 in folgendem Internet-Artikel beschrieben:
 
Zu Hause sterben im Land Berlin

Der Mutter (74) geht es nicht gut. Sie liegt viel. Ihr ist schwindlig. Der Blutdruck geht rauf und runter. Der Arzt war da, kann aber auch nichts machen. Die Tochter macht sich Sorgen und bleibt bei der Mutter bis nachts um 12.00 Uhr in dem unbestimmten Gefühl, dass es wichtig sei, zu bleiben. Doch dann schickt die Mutter sie nach Hause. Als die Tochter, die nur ein paar Häuser weiter wohnt, morgens um 7.00 Uhr wieder die Wohnung betritt, liegt die Mutter tot im Bett. Still ist sie; auf der Seite liegend, eingeschlafen. Ein schöner Tod!

Die Tochter ruft den Notarzt. Ich komme um 9.00 Uhr, weil wir verabredet waren. Wir zünden eine Kerze für die Mutter an. Ich bete für sie und die Angehörigen. Dann drehen wir die Mutter auf den Rücken und versuchen die Hände zu falten. Der Leichnam wird schon steif. Es ist Zeit.

Nach zwei und einer halben Stunden Warten, inzwischen sind die Verwandten alle gekommen, betritt die Ärztin das Sterbezimmer. Ein „Herzliches Beileid“ kommt über ihre Lippen, aber die Stimme ist gar nicht herzlich. Sie hat es eilig. Zuerst müssen alle, bis auf die Tochter und ich, den Raum verlassen. Sie breitet ihren Koffer und Papiere aus, stöhnt über die Bürokratie, zieht sich Gummihandschuhe an, fasst der Verstorbenen zweimal unter die Arme und unter den Rücken, als taste sie etwas. Damit ist die Untersuchung beendet. Sie fragt nach Namen und Geburtsdatum und ruft die Polizei, wegen ungeklärter Todesart. Ich versuche sie davon abzuhalten. Der Fall sei doch ganz klar. Doch die Ärztin will schnell fertig werden. Nach 20 Minuten verlässt sie das Haus.

Eigentlich hätte sie warten müssen, bis die Polizei eintrifft. Denn mit ihrem Ankreuzen „ungeklärte Todesart“ auf dem Leichenschein und ihrer Benachrichtigung der Polizei hat sie ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Die Wohnung ist damit zum „Tatort“ geworden, in der nichts mehr verändert werden darf. Die Verstorbene darf nicht mehr berührt werden. Man könnte ja Spuren verwischen. Das haben die Polizisten zu garantieren. Es ist gut, dass die Mutter im Bett verstorben ist. Ein anderer fällt im Badezimmer oder im Korridor um und darf dann nicht von der Stelle genommen werden, sondern wird nur mit einem Laken bedeckt, bis endlich die Kripo kommt. Die Polizisten schreiben Protokoll und haben ansonsten nur zu warten bis die beiden Kripobeamten in Zivil kommen. Das kann dauern, schon wegen der Verkehrsverhältnisse, zwei Stunden, aber auch 6 Stunden, wenn viel zu tun ist. Dann müssen wieder Fragen beantwortet werden. Alle müssen den Raum verlassen und die Kripobeamten untersuchen die Leiche. Sie entscheiden, ob diese beschlagnahmt wird oder nicht. In der Regel geschieht dies. Es wird ein Bestatter informiert, der mit der Polizei eine vertragliche Vereinbarung hat, den Verstorbenen innerhalb von einer Stunde abzuholen. Solange müssen nämlich die Polizei bzw. Kripobeamten warten. Es könnten ja durch die Angehörigen noch Spuren verwischt werden.

Der Bestatter garantiert der Polizei den Zugang zur Leiche zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die aufgenommene Akte wird von der Kripo der Staatsanwaltschaft zugeleitet. Von dort wird am nächsten Tag der Hausarzt angerufen und Auskünfte über die Krankheiten und den Gesundheitszustand des Verstorbenen eingeholt. Daraufhin entscheidet der Staatsanwalt, ob er ein förmliches Todesermittlungsverfahren einleitet. In 2400 Fällen der ca. 6000 jährlichen Todesermittlungsverfahren der Berliner Polizei ist dies der Fall. Dann wird die Leiche in eines der Berliner Gerichtmedizinischen Institute gebracht und obduziert. Den Angehörigen wird gesagt, dass sie in den nächsten 10 Tagen Bescheid erhalten, ob der Verstorbene bestattet werden darf oder nicht. Meistens geht es schneller.

Ziel des Todesermittlungsverfahrens ist es, Morde aufzuklären. 30 bis 40 Morde passieren jährlich in Berlin und noch einmal so viele Mordversuche. In diesen Fällen ermittelt die Mordkommission beim Landeskriminalamt. Durch Serientäter, die erst nach dem vierten oder zwölften Mord gefasst werden oder durch Mörder, die sich selber der Polizei stellen, weiß man, dass es eine hohe Dunkelziffer von unerkannten Morden gibt. Man muss mit noch einmal soviel unentdeckten wie bekannten Morden jährlich in Berlin rechnen. Das Problem dabei ist nicht der offene Mord auf der Straße, das Messer im Herz oder der zertrümmerte Schädel. Gefährdet sind Menschen vor allem zu Beginn und am Ende ihres Lebens, als Baby oder als pflegebedürftiger alter Mensch. Ein Schütteltrauma, das zum Tode führt, sieht man einem Säugling nicht an, sondern kann erst durch die Gerichtsmedizin festgestellt werden. Solche Morde passieren nicht nur in asozialen Verhältnissen, sondern auch in einer Villa von Zehlendorf.

So geht die Polizei davon aus, dass Morde vor allem im häuslichen Umfeld passieren. Deshalb hat sie ein Interesse daran, bei zu Hause Verstorbenen genauer hinzugucken, was passiert ist. Die gegenwärtige Praxis bedeutet aber, dass die Polizei und Kripo, um einen Mord aufzuklären, 135 mal die Familie eines natürlich Verstorbenen mit einem Todesermittlungsverfahren, nicht nur belästigen müssen, ja dort womöglich ein Trauma hinterlassen.


Wer als alter Mensch, der ein ganzes Leben lang nie etwas mit der Polizei zu tun hatte und stolz darauf ist, immer unbescholten gewesen zu sein, erleben muss, wie er, noch unter dem Schock des plötzlichen Todes eines lieben Angehörigen stehend, umringt wird von Uniformierten, dass vor dem Haus die Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen und er wie ein Straftäter behandelt wird, der Spuren verwischen könnte, der verkraftet das kaum. Denn kaum einer in Berlin weiß, dass dies ein alltägliches Verfahren hierzulande ist, das man nicht persönlich nehmen sollte. So wird, wenn alles vorbei ist, auch nicht darüber gesprochen, Freunde und Bekannte werden nicht gewarnt, auf keinen Fall die 110 oder 112 anzurufen, sondern immer den Hausarzt zu benachrichtigen, wenn man sich dieser entsetzlichen Prozedur nicht aussetzen will.

Kein Polizist macht solche Einsätze gerne. Darum werden häufig die gerade frisch Ausgebildeten mit dieser Mission betraut. Ohne Berufserfahrung nehmen sie dann die polizeilichen Vorschriften und die noch aus der Kaiserzeit stammende Fachsprache zu wörtlich. Ihr Einsatz wird dann zum „ersten Angriff“, die Ablösung durch die Kripo zum „zweiten Angriff“ und zum Schluss wird „die Leiche verbracht“. Hinzukommende Angehörige dürfen den „Tatort“ nicht betreten und erhalten keine Gelegenheit, von den Verstorbenen Abschied zu nehmen.

Aber das ist zum Glück nicht die Regel. Mir selbst sind bisher sehr einfühlsame, sozial verantwortungsvoll denkende und höfliche Polizisten und Kripobeamte bei meinen Einsätzen als Notfallseelsorgerin begegnet. So entschuldigte sich z.B. ein Kripobeamter gleich bei seinem Kommen dafür, weil sein Einsatz in „95 % der Fälle“ grundlos sei. Wenn aber ein Arzt „ungeklärte Todesart“ ankreuzt, dann müsse die Polizei kommen. So sind die Gesetze.

Anfangs hatte ich den Verdacht, die Ärzte würden dies mit gutem Gewissen tun, weil sie doch nicht wissen könnten, ob jemand z.B. am Herzinfarkt oder durch ein Nierenversagen gestorben sei, ob also das Herz oder Niere schuldig sei am Tod. Mir wurde widersprochen. Jeder Arzt kenne den Unterschied von Todesart und Todesursache. Die Frage nach der Todesursache steht weiter unten auf dem Leichenschein und meint die zum Tode führende Krankheit. Soweit muss der Arzt den Leichenschein gar nicht ausfüllen, wenn er vorher „Todesart ungeklärt“ ankreuzt. Todesart meint ausschließlich die Alternative „natürlicher Tod“ oder „unnatürlicher Tod“ und wenn dies eben nicht klar zu beantworten ist, dann gibt es das Kästchen „ungeklärt“. Inzwischen ist mir aber mehrfach begegnet, dass selbst Fachleute die Begriffe vertauschen und den Begriff „Todesursache“ für „Todesart“ oder umgekehrt benutzen. Wieviel weniger noch kennen Laien diesen Unterschied.

Doch Menschen, die durch andere ins Jenseits befördert werden, sterben nicht nur zu Hause. Etliche von ihnen werden durch die Täter selbst vorher noch ins Krankenhaus gebracht und sterben dort, ohne dass jemand auf Verdacht schöpft, die Ursache der Leibschmerzen sei z.B. eine Vergiftung. Es gibt erschreckende Fälle von Serienmorden durch Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Bisher wird die Berliner Polizei nur ganz selten in Krankenhäuser gerufen. Dabei sterben 70 % der jährlich 36.000 Heimgegangenen in Berlin in Krankenhäusern. Darum soll es künftig auf dem Leichenschein eine viertes Kästchen geben, auf dem „unerwarteter Tod in medizinischen Einrichtungen“ steht.

Wird dies angekreuzt, soll nicht die Polizei, sondern sofort die Gerichtsmedizin zum Einsatz kommen. Damit hofft man, den Vorgang zu „entkriminalisieren“ und den Mitarbeitern in Krankenhäusern die Angst vor einem Einsatz der Polizei zu nehmen und so Ärzte zu ermutigen, auch in dieses Kästchen künftig ein Kreuzchen zu setzen, wenn es angebracht ist.

Denn die Angst vor den bisherigen Todesermittlungsverfahren der Polizei sitzt tief in den Knochen all derer, die berufsmäßig mit Sterbenden umgehen. Niemand möchte unter Mordverdacht geraten. Niemand möchte diese stundenlange Prozedur des Polizei- und Kripo-Einsatzes in seiner Arbeitszeit haben. Das führt dazu, dass Sterbende in den letzten Tagen und Stunden ihres Lebens von einer Einrichtung in die andere, von einer Station auf die nächste abgeschoben werden, vor allem an den Wochenenden. Denn jeder weiß, dass am Wochenende der behandelnde Hausarzt nicht erreichbar ist und also im Fall der Fälle der Notarzt gerufen werden muss. Sogar der Rettungshubschrauber wird nicht selten zu Altenpflegeeinrichtungen gerufen, um Sterbende ins Krankenhaus zu bringen. Sicher, so manch einer lebt danach wirklich noch ein paar Monate länger, aber wie und unter welchen Belastungen? Für wie viele Menschen bedeutet allein der mit dem Transport verbundene Krach, die Unruhe, die Kälte, die körperliche Belastung, die vielen unbekannten Menschen, all die Maschinen um sie herum... eine entsetzliche Erfahrung in der Phase des Lebens, in der man sich nur Ruhe wünscht, das Zusammensein mit seinen lieben Angehörigen und Abschiedsworte?

Das weiß auch jeder der Pflegenden, aber die Angst von einem Todesermittlungsverfahren betroffen zu sein, sitzt tiefer und verdrängt dieses Wissen um die Not des anderen. Zudem sieht die Medizin ihre Aufgabe seit Jahrzehnten ausschließlich in der Lebenserhaltung. Erst in den letzten Jahren ist das Bewusstsein gewachsen, dass Sterben ein natürlicher Prozess ist, der zugelassen werden muss, wenn man den Sterbenden nicht zusätzlich quälen will. Die Hospizbewegung ist entstanden und inzwischen gibt es in Berlin mit 90 Betten auch eine ausreichende Zahl von Plätzen. Es sind Häuser, in denen Sterbende und ihre Angehörigen liebevoll betreut werden, das Abschiednehmen ermöglicht und ruhig und gelassen gewartet wird, bis ein Arzt kommen kann, der den natürlichen Tod bestätigt. Doch das Hospiz ist nur für Menschen, deren Pflege von einem Krankenhaus nicht mehr übernommen wird und auch von den Angehörigen zu Hause nicht geleistet werden kann.

Seit Einführung der Pflegeversicherung haben sich jedoch noch mehr Menschen als vorher entschlossen, ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen. Bis endlich die erlösende Stunde kommt und der alte Mensch einschlafen darf, vergehen oft Jahre. Oft werden die Angehörigen durch professionelle Helfer der Häuslichen Krankenpflege unterstützt. Diese Schwestern und Pfleger haben Erfahrung mit dem Sterbeprozess. Es ist wichtig mit ihnen rechtzeitig das Gespräch über mögliche Anzeichen eines beginnenden Sterbens zu suchen.

  • - Eine spitze Nase,
  • - ein weißes Dreieck zwischen Nase und Mund,
  • - die Kußmaulsche Atmung, genannt nach dem Arzt Kußmaul,
  • - das Kaltwerden der Hände und Füße,
  • - die Verweigerung der Nahrungsaufnahme und der Medikamente
können solche Anzeichen sein, können aber auch wieder verschwinden, ohne dass es zum Sterben kommt.

Der Sterbeprozess kann innerhalb von Minuten beim plötzlichen Tod, aber auch innerhalb weniger Stunden oder Tage ablaufen, aber auch Jahre dauern. Was Menschen am Leben erhält sind vor allem „unerledigte Geschäfte“, wie die Fachleute sagen. Da wird auf Kinder gewartet, zu denen man den Kontakt verloren hat. Probleme belasten die Seele, die man jahrzehntelang verdrängt hat. Das Loslassen fällt schwer, weil falsche Werte das Leben prägten oder Sorgen um Angehörige quälen. Vor allem fehlt heute das Wissen um das Ziel, auf das wir im Sterben zugehen und das Vertrauen zu Gott, unserem Schöpfer, der uns sterben lässt und dann spricht „Kommt wieder Menschenkinder!“ (Psalm 90)

Will man den Polizeieinsatz verhindern, ist es wichtig, solche o.g. äußeren Merkmale durch die Pflegekräfte oder den Hausarzt in der Pflegeakte vermerken zu lassen. In der Fachsprache wird von „finalem“, dem „ans Ziel gelangenden“ oder „praefinalem“, also dem vorletzten „Stadium“, gesprochen. In die Pflegeakte gehört nicht der Vermerk, ob der Patient gebadet oder gefüttert wurde, das ist im Pflegevertrag festgeschrieben und Pflicht der Einsatzkräfte. Hier sollen die Schwestern ihre Beobachtungen über den Zustand des Patienten festhalten. Wenn dann der Notarzt kommt, um den Tod festzustellen, kann er auf den ersten Blick sehen, ob die professionellen Pflegekräfte und der behandelnde Arzt schon seit längerem Zeichen eines natürlichen Sterbeprozesses wahrgenommen haben. Damit entfällt der Verdacht eines möglichen unnatürlichen Todes.

Ein häufiger Sonderfall sind Krebspatienten, bei denen weitere Therapien aussichtslos sind und mit einem nahen Ende gerechnet wird. Ihnen helfen die Ärzte von Home-care e.V., die über onkologische Praxen vermittelt werden. Sie betreuen die Patienten zu Hause und kommen zu jeder Tages- und Nachtzeit, auch um den Tod festzustellen.

Ist solch eine Betreuung auch für andere Sterbende denkbar? Hier sind die Hausärzte gefragt. Doch immer mehr von ihnen verweigern Hausbesuche und sind auch nicht bereit zu jeder Tages- und Nachtzeit zu kommen, um den Tod eines ihrer Patienten zu bestätigen. Die Wartezimmer sind voll und eine sachgemäß durchgeführte Leichenschau kostet Zeit. Zwar hat der Arzt laut Gesetz 12 Stunden Zeit zu kommen, aber die Leichenschau ist oft auch ein unangenehmer Akt, da alle Körperöffnungen begutachtet werden müssen und dabei zum Teil Körperflüssigkeit entweicht. Die Verstorbenen sind zunehmend schwerer. Sie müssen für die Untersuchung, entkleidet und gewendet werden. Bezahlt wird diese notwendige Arbeit, zu der in Deutschland nur Ärzte zugelassen sind, schlecht. Darum ist es für den Hausarzt leichter, auf die „110“ oder „112“ zu verweisen. Der Notarzt aber steht dann vor demselben Problem und leitet es weiter an die Polizei.

Vor einigen Jahrzehnten und auch in der DDR war das anders. Da bestätigte noch der Arzt den natürlichen Tod und tat seine Arbeit auch auf diesem Gebiet. Wodurch ist dies anders geworden?

Da ist die Angst der Ärzte vor den Angehörigen. Zum Zeitpunkt des Todes ist noch alles klar, aber hinterher kommt es zu Streitigkeiten in der Familie und der Verdacht wird laut, es sei beim Sterben nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Erbstreitigkeiten entstehen nicht nur in Häusern, wo es viel zu erben gibt, sondern auch um Kleinigkeiten wie einen Fernseher. Wie Lehrer heute oft nur damit beschäftigt sind, sich bei der Vergabe von Noten gegenüber ihren Schülern abzusichern, weil sie mit einer Anzeige rechnen müssen, so auch die Ärzte gegenüber Patienten und ihren Angehörigen. Darum überlassen sie dieses konfliktträchtige Arbeitsgebiet lieber gleich der Polizei.

Natürlich entstehen durch diese 6000 Einsätze der Berliner Polizei in Todesermittlungsverfahren dem Senat und letztlich uns allen hohe Kosten. Zieht man von dieser Zahl diejenigen ab, bei denen der Einsatz der Polizei unabdingbar ist, nämlich
  • - bei den ca. 40 Morden,
  • - bei den ca. 80 Verkehrstoten
  • - bei den 28 durch Totschlag Getöteten,
  • - bei ca. 450 Suizidfällen ( Zahlen von 2002),
  • - bei Fällen, in denen die Wohnung aufgebrochen werden muss, weil es aus ihr so stinkt, und dann ein Toter gefunden wird,
bleiben schätzungsweise noch 5000 unnötige Einsätze.

Jeder Einsatz heißt mindestens zwei Polizisten und zwei Kripobeamte sind zu bezahlen, dazu die Transportkosten, den Aufwand, den der Staatsanwalt hat an Büroarbeit, die Gerichtsmedizin usw.. Doch finanzielle Fragen dürfen hier keine Rolle spielen. Es geht um das Leben als das höchste Gut, das ein Mensch hat und das vom Grundgesetz als solches geschützt wird. Insofern gilt es, potentiellen Mördern klar zu machen, dass sie wenig Chancen haben, unentdeckt zu bleiben.

So wurde mit der 4. Änderung des Bestattungsgesetzes im Mai 2004 in Berlin wieder die zweite Leichenschau bei Verbrennungen zur Pflicht gemacht. Die Gerichtsmedizin hat dank moderner Technologien und Analysemethoden viel mehr Chancen als früher, Vergiftungen nachzuweisen. Man meint, dass sich dies herumgesprochen habe und es deshalb viel seltener als früher zu Giftmorden käme.

Eine Entlastung der Ärzte und eine Hilfe für die Aufklärung wäre, für bestimmte Altersgruppen oder Betroffene generell eine gerichtsmedizinische Untersuchung vorzusehen. Dies gab es in der DDR z.B. für verstorbene Kinder. In der Bundesrepublik kämpft die Gerichtsmedizin seit Jahrzehnten vergeblich um solche „Verwaltungsobduktionen“. Hier müßte also kein Staatsanwalt diese aufgrund des Berichtes der Kriminalpolizei erst anordnen.

Doch wenn die Frage nach den Kosten des gegenwärtigen Verfahrens keine Rolle spielen darf, dann bleibt immer noch die nach seiner Effektivität. Hat ein Polizist, der unter 135 Einsätzen bei natürlich Verstorbenen, den einen bisher unerkannten Mord finden soll, wirklich noch ein Auge dafür? Vielleicht ist dieser eine unerkannte auch im Krankenhaus verstorben? 135 mal jedenfalls hat der Polizist sich fehl am Platz gefühlt, hat das Abschiednehmen der Angehörigen gestört, ihre Tränen und Trauer gesehen, hat sie in einer der intimsten Situationen des Lebens erlebt, ungewollt.

Die Kassenärztliche Vereinigung hat seit Mai 2004 einen Bereitschaftsdienst für Berlin eingerichtet, in dem ca. 110 Ärzte mitarbeiten. Berlin wurde in zwei Distrikte aufgeteilt. Jeweils ein Arzt hat dort Bereitschaft und fährt ausschließlich zu zu Hause Verstorbenen. Er hat also, anders als der Notarzt, nicht den Druck, sich eigentlich um Menschen kümmern zu müssen, deren Leben er noch retten könnte. Die Ärzte dieses neuen Einsatzdienstes wurden gerichtsmedizinisch geschult und erhielten dafür ein Zertifikat. Sie werden nur gering bezahlt und müssen ihr eigenes Fahrzeug nutzen. So sind es vor allem Berufseinsteiger, die eine solche Arbeit machen in der Hoffnung, bald andere Arbeit zu finden. Anders ist es z.B. in Österreich, wo hochqualifizierte Sprengelärzte diese Arbeit tun. In Berlin hat dieser neue Einsatzdienst noch nicht dazu geführt, dass die Einsätze der Polizei und ihre Wartezeiten vor Ort sich merklich verringert hätten.

Was könnte man also noch tun, um die gegenwärtige Situation zu ändern, außer bei der Pflege eigener Angehöriger darauf zu achten, was in die Pflegeakte geschrieben wird? Auf jeden Fall sollte man sich die Arztbriefe kopieren, die man nach einem Krankenhausaufenthalt für seinen Hausarzt mitbekommt. Auch wenn der Umschlag verschlossen ist, darf man dies, denn jeder hat das Recht, sich über seine eigenen Befunde zu informieren. Wenn diese dann zu Hause verfügbar sind und dem Notarzt vorgelegt werden können, hilft dies auch.

Wichtig ist es, vor allem immer wieder einmal über die Möglichkeit des Sterbens mit seinen Angehörigen zu sprechen, nicht erst dann, wenn sie alt sind. Der Tod gehört, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, immer noch zum Leben. So manch einer wird von ihm mitten aus dem Leben heraus gerissen. Jesus sprach von ihm wie von einem Dieb. „Wenn der Hausherr wüsste, wann der Dieb kommt, würde er nicht einbrechen lassen.“ (Luk. 12,39) Keiner von uns weiß es, aber für jeden, der lebt, kommt irgendwann die Stunde, in der es Abschied von dieser Welt zu nehmen heißt.

Es ist sicher die schwerste Aufgabe des Lebens. Darum haben sich unsere Vorfahren auch intensiv und lange darauf vorbereitet. Zur Aussteuer, die einer Braut mitgegeben wurde und die sie in ihrer Jugend reich bestickte, gehörte auch das Totenhemd. Das Abschiednehmen lernte man, weil in den Familien gestorben wurde und alle dabei waren. Mit Liedern und Gebeten wurde der Sterbende auf das vorbereitet, was im Tode auf ihn zukommen würde: auf das Licht, die Geborgenheit, die Liebe des Reiches Gottes, auf das Singen der Engel und die Gemeinschaft der Seligen.

In England darf man sich bis zu einem viertel Jahr von seiner Arbeit befreien lassen, um einen sterbenden Angehörigen zu begleiten und verliert nicht seine Arbeit. Der Arbeitsplatz bleibt gesetzlich garantiert! In Deutschland ist solch eine Gesetzesinitiative undenkbar. Schön wäre es, wenn wenigstens die neue Durchführungsbestimmung zum im Mai 2004 geänderten Bestattungsgesetz zusammen mit dem neuen Leichenschauschein endlich gültig würde. Darüber aber muss erst der Rat der Bürgermeister noch beraten und es für gut befinden.

Dr. Katharina Dang


Am 1. Mai 1990 habe ich folgenden Artikel verfasst und weggeschickt, ob er veröffentlicht wurde, weiß ich nicht mehr:
 

 

Die Kirchensteuerfrage anno 1848?

In der Monatsschrift für die unierte evangelische Kirche las ich dieser Tage einen Aufsatz von Liz. theol. Heinrich Krause „Welchen Beruf hat im gegenwärtigen Augenblick die evangelische Kirche?....“, erschienen im 2. Quartalsheft 1848 der Zeitschrift. Krause rechnete damals damit, dass in aller nächster Zeit die Kirche ihre Selbständigkeit vom Staat erhalten würde und schlussfolgert aus dieser Situation u.a. folgendes:

„Dazu gehört notwendig, dass die Kirche auch Mittel für ihre Bedürfnisse selbständig beschaffe und verwalte. Der Staat hat keinen Beruf, der Kirche die nötigen Mittel zu überweisen oder gar die Verteilung derselben zu übernehmen. Aus den Steuern, welche der Staat bezieht, dürfen nur allgemeine Staatsbedürfnisse bezahlt werden. Nur also wo es eine Staatsreligion und zwar eine Staatsreligion gibt, d.h. wo der Staat verordnet, dass eine und welche Religion im Lande herrschen solle, ist die Besoldung der Kirche durch den Staat in der Ordnung. Wo aber nur irgendwelche Religionsfreiheit und Selbständigkeit der Kirche gegeben ist, wo das Recht der freien religiösen Vereinigung anerkannt ist: da hat jede religiöse Gesellschaft gleich jedem anderen Verein und jeder Genossenschaft Recht und Pflicht sich aus eigenen Mitteln zu erhalten und über ihre Mittel nach eigenem Ermessen zu verfügen. Übernimmt das der Staat, so begeht er dieselbe Anmaßung, als wenn er sich herausnehmen wollte, die Börse eines einzelnen Bürgers oder die Kasse einer Gesellschaft zu verwalten. Zugleich eine Ungerechtigkeit. Denn die verschiedenen religiösen Gesellschaften brauchen Summen von sehr verschiedener Höhe, die römischen z.B. ungefähr das Vierfache im Verhältnis zu den evangelischen. Es ist ungerecht, auf dem Wege der zwangsweisen Besteuerung jemanden zur Bezahlung von ganz eigentümlichen religiösen Bedürfnissen anderer zu nötigen, gerade so ungerecht, als wollte man alle Staatseinwohner zwingen für den Gustav-Adolf-Verein, für die Missions-, Bibel- und Krankenvereine oder für die Erhaltung der Mönchsorden, für Kunstgenüsse und Liebhaberei beizusteuern. Und wollte man etwa, um das zu vermeiden, die Abgaben für die religiösen Bedürfnisse nach Maßgabe dieser auch in verschiedener Höhe ausschreiben, so würde doch einmal die Ungerechtigkeit auf diesem Wege nicht ganz zu beseitigen sein, da es ja Leute gibt, die für ihre religiösen Bedürfnisse gar keine Mittel nötig haben oder gar keine religiösen Bedürfnisse haben. Überdies wäre das eine unnütze Weitläufigkeit, dass jede religiöse Gesellschaft nach Maßgabe ihrer Bedürfnisse – was noch dazu nie genau berechnet werden kann! - an den Staat zahlte, und der Staat an sie nach Maßgabe ihrer Bedürfnisse zurückzahlte. Und in jedem Falle eine Bevormundung von Seiten des Staates, die sie sich verbitten müssen; und wo sie diese dulden oder gar fordern, die Erklärung, dass sie selber unfähig seien, ihre Kasse eigenhändig zu verwalten.

Der Staat kommt mit dem Eigentum der kirche weiter keine Berührung, als dass sie wie jedes andere im Staate lebende Wesen seinen gestzen über Erwerb und Verkauf, über Erbschaft und Nachlassenschaft usw. unterworfen sein muss. Die Sache versteht sich eigentlich von selbst; aber dennoch wird sie fast allgemein bestritten. Warum? - weil die Pfarrherrn Schmälerungen ihrer Pfründe befürchten. Und mit Grund; es möchten wohl manche feisten Bäuche mager werden. Denn der Staat treibt die Steuer zwangsweise ein und sichert also den Pfarrherrn gewisse Einkünfte; die Kirche empfängt nur freiwillige Gaben der liebe. Aber gerade darum muss die Kirche sich die hilfe des Staats für ihre mittel verbitten, gleichwie sie sich die polizeiliche Hilfe für die Wirksamkeit ihrer Predigten verbitten muss. Leidet sie die Hilfe des Staates oder fordert sie gar, so beweist sie, dass sie kein vertrauen hat zu sich selber, dass sie nicht verdient zu existieren.

Die Kirche ruht auf dem Glauben, jede äußere Stütze stört und untergräbt ihre Wirksamkeit, denn sie offenbart darin, dass sie selber keinen Glauben hat. Aus dem Glauben allein schöpft sie ihre mittel. Wie Jesus einherging durch das Land das Evangelium predigend und ließ sich dienen von denen, die ihm nachfolgten, wie er seine Jünger aussendete ohne Gold und Silber mit der Anweisung „der Arbeiter ist seines Lohnes wert“, so soll die Kirche durch die Welt wandeln, Christentum predigen; und sich erhalten lassen von denen, die ihr zufallen. Im Bewusstsein dieser Wahrheit hat sie die Zuversicht, dass ihr die mittel nicht fehlen können, und sie ist in ihrer Zuversicht nie getäuscht worden. Bleiben ihr die freiwilligen Liebesgaben aus wegen religiöser Gleichgültigkeit, so zeugt das wider sie, dass sas Salz dumm geworden; und ist der Kirche, die nicht vermag, religiöses Interesse lebendig zu erhalten, auch ganz heilsam, dass sie Hunger leide. Schon die Leviten waren großenteils auf die Gaben der Freiwilligkeit angewiesen und hatten es schlimm, wenn das Volk gottlos war. Also um der Gerechtigkeit, um ihrer Ehre, um ihres Glaubens willen muss die Kirche fordern, dass der Staat ihre die Beschaffung und Verwaltung ihrer mittel gänzlich überlasse. - Die Auseinandersetzung mit dem Staat in Betreff der Kirchengüter wird große rechtliche Schwierigkeiten haben,.... Aber Schwierigkeiten in der praktischen Ausführung dürfen nie von der Erfüllung einer Pflicht zurückhalten. Pflicht aber ist es.“1

Die rechtlichen Schwierigkeiten von damals sind inzwischen längst geklärt. Die Kirche hatte bei uns die juristische Stellung vom Staat, die man damals erhoffte, bald zu erreichen. Nur die finanzielle Selbständigkeit hatten wir vor allem von der Hilfe der westdeutschen Kirchen, gezahlt auch aus nationalen und politischen Gründen. Hilfe in diesem Maße und über Jahrzehnte bedeutet für den Hilfsempfänger eine Gefahr. Im Bild gesprochen: Er wohnt in einem Gebäude, das er aus eigener kraft nie hätte bewirtschaften, in Ordnung halten oder erhalten können, aber er ist physisch nicht in der Lage, in einem kleineren, seinen eigenen Mitteln entsprechendem Haus zu wohnen, weil er meint, das was Hunderte andere neben ihm seit eh und je so haben, nicht verkraften zu können und außerdem einen Rechtsanspruch auf seinen gegenwärtigen Standard zu haben. Aufgrund solcher und ähnlicher Erfahrungen spricht man in der Entwicklungshilfe seit langem davon, dass man „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten möchte. Wer in der Vergangenheit deshalb jene unseren Kirche geleistete Hilfe infrage stellte und meinte, dass in einem Land mit solchem Wohlstand wie der DDR die Kirche sich selbst erhalten können müsste, erhielt als Antwort, die Hilfe hört sowieso bald auf. Anfang der 90er Jahre sollten die Berliner Kirchengemeinden selbständig werden:

„Die Kirche empfängt nur freiwillige Gaben der Liebe.“ - Wenn die Synode ihre Entscheidung gefällt hat, entbindet das keinen Christen davon, darüber nachzudenken. Die Entscheidung vor der wir jetzt stehen heißt: Gott oder Mammon.


Anmerkung:

1Ebd. S. 495-497